Aachener Kanzlei für Familienrecht
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Vaterschafts-Anfechtung

Die Vaterschaft anfechten können:
1. der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2. der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat,
3. der Mann, der eidesstattlich versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (sog. „biologischer Vater"), 4. die Mutter und   5. das Kind.
Für die Anfechtung der Vaterschaft gibt es eine Frist von zwei Jahren, die frühestens mit der Geburt des Kindes beginnt. Die Frist ist vom Gericht objektiv zu prüfen und kann nicht von den Beteiligten einvernehmlich verlängert werden.

Sie läuft für jeden Anfechtungsberechtigten ab dem Zeitpunkt, ab dem er Kenntnis von den Umständen hat, die gegen die Vaterschaft sprechen. Das Kind kann auch nach Erreichen der Volljährigkeit die Vaterschaft selbst noch anfechten.
Die Feststellung, dass jemand nicht der wirkliche Vater ist, kann nur durch ein Gericht erfolgen. Sie führt zwangsläufig zur Beendigung aller rechtlichen Beziehungen (Unterhaltspflichten, Erbrecht) zwischen dem Kind und dem Vater.

Für den biologischen Vater gelten Einschränkungen, wenn das Kind in einer Ehe lebt, s.u.

Darf der Samenspender die Vaterschaft erkämpfen?

Der BGH hat am 15. Mai 2013 über die Reichweite des Rechts des sogenannten biologischen Vaters zur Anfechtung der Vaterschaft in Fällen einer Samenspende verhandelt und ein Anfechtungsrecht des Mannes bejaht, der einem lesbischen Paar seine Samenflüssigkeit in einem Gefäß zur Verfügung gestellt hatte.

BGH vom 15. Mai 2013 - XII ZR 49/11

Nicht ohne weiteres übertragbar ist diese Entscheidung auf anonyme Samenspenden durch Vermittlung einer Samenbank.

Darf der gesetzliche Vater nach Samenspende anfechten?

Im Fall des OLG Oldenburg wollte der Ehemann der Mutter die Vaterschaft des Kindes anfechten, weil er zeugungsunfähig sei und die Mutter sich heimlich habe künstlich befruchten lassen. Allerdings kam im Verfahren heraus, dass er mit der künstlichen Befruchtung sehr wohl einverstanden gewesen war. Daher konnte er seine gesetzliche Vaterschaft nicht anfechten. Der Gesetzgeber habe in Fällen, in denen sich Eheleute bewusst für die Zeugung eines Kindes durch künstliche Fremdsamenübertragung entscheiden, die Anfechtung ausgeschlossen. Die Eltern übernehmen eine besondere Verantwortung für das auf diese Weise gezeugte Kind und dürften nicht im Nachhinein über die zuvor einvernehmlich getroffene Wahl der Fremdzeugung ihre elterliche Verantwortung wieder aufheben lassen.

Etwas anderes gelte nur dann, wenn es sich nicht um eine künstliche Befruchtung handele, sondern der Geschlechtsakt mit dem Samenspender tatsächlich vollzogen worden sei.

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 30.06.2014 - 11 UF 179/13

 

EGMR

und BVerfG

weisen

Anfechtungsklagen

leiblicher Väter ab,

wenn das Kind

in einer Ehe lebt

 

Es ist mit dem Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar, den biologischen Vater von der Anfechtung auszuschließen, um eine bestehende rechtlich-soziale Familie zu schützen.

 

EGMR, Urt. v. 22.03.2012 - 45071/09
EGMR, Urt. v. 22.03.2012 - 23338/09

In seinen am 22.03.2012 verkündeten Kammerurteilen in den Verfahren Ahrens gegen Deutschland (Beschwerdenummer 45071/09) und Kautzor gegen Deutschland (Beschwerdenummer 23338/09), die noch nicht rechtskräftig sind, stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einstimmig fest, dass keine Verletzung von Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und keine Verletzung von Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vorlag. Beide Fälle betrafen die Entscheidungen der deutschen Gerichte, Klagen zur Anfechtung der Vaterschaft abzuweisen, die die Beschwerdeführer erhoben hatten. Einer der Beschwerdeführer ist leiblicher Vater einer Tochter, der andere mutmaßlich leiblicher Vater einer Tochter; rechtlicher Vater ist jeweils ein anderer Mann, der mit der Kindesmutter zusammen lebt.

Darum geht es

Der Beschwerdeführer im ersten Verfahren, Denis Ahrens, geboren 1970, lebt in Berlin. Der Beschwerdeführer im zweiten Verfahren, Heiko Kautzor, geboren 1971, lebt in Willich. Beide sind deutsche Staatsangehörige.

Herr Ahrens ging davon aus, Vater einer im August 2005 geborenen Tochter zu sein, mit deren Mutter, Frau P., er eine Beziehung gehabt hatte. Zur Zeit der Empfängnis lebte Frau P. mit einem anderen Mann, Herrn M., zusammen, der die Vaterschaft für das Kind anerkannte. Das Paar hat das gemeinsame Sorgerecht und kümmert sich gemeinsam um das Kind. Im Oktober 2005 erhob Herr Ahrens Klage wegen Anfechtung der Vaterschaft von Herrn M. und gab eine eidesstattliche Versicherung ab, er habe während der Empfängniszeit intime Kontakte mit Frau P. gehabt. Herr M. machte geltend, er übernehme die volle elterliche Verantwortung für das Kind, selbst wenn er nicht der leibliche Vater sei.

Nach Anhörung aller Parteien stellte das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg mit Urteil vom April 2007 fest, dass Herr Ahrens leiblicher Vater des Kindes sei. Das Gericht berücksichtigte ein Sachverständigengutachten sowie das Ergebnis eines Bluttests, der Herrn Ahrens' biologische Vaterschaft nachwies, und kam zu der Auffassung, dass er nicht an der Anfechtung der Vaterschaft von Herrn M. gehindert sei. Im August 2007 hob das Kammergericht Berlin das Urteil des Amtsgerichts auf und befand, dass Herr Ahrens kein Recht habe, die Vaterschaft anzufechten, da zwischen Herrn M. und dem Kind eine sozial-familiäre Bindung bestehe, die andauere, obwohl erwiesen sei, dass Herr M. nichtder leibliche Vater sei. Im Mai 2009 lehnte es das Bundesverfassungsgericht ab, die Verfassungsbeschwerde Herrn Ahrens' zur Entscheidung anzunehmen.

Herr Kautzor ging davon aus, Vater der im März 2005 geborenen Tochter seiner ehemaligen Ehefrau, Frau D., zu sein. Frau D. lebt mit einem neuen Partner, Herrn E., zusammen, der die Vaterschaft für das Kind im Mai 2006 anerkannte. Später bekam das Paar zwei weitere Kinder und heiratete. Herr Kautzor teilte seiner ehemaligen Ehefrau mit, dass er Umgang mit dem Kind wünsche und beabsichtige, die Vaterschaft anzuerkennen. Im Juli 2006 reichte er beim Amtsgericht Bielefeld Klage auf Feststellung seiner Vaterschaft ein und erweiterte die Klage im Folgenden um einen Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft von Herrn E.

Nach Anhörung der Parteien einschließlich des für das Kind bestellten Verfahrenspflegers wies das Amtsgericht die Anträge Herrn Kautzors mit Urteil vom Juni 2008 zurück. Das Gericht befand, dass er von der Vaterschaftsanfechtung ausgeschlossen sei, weil eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater Herrn E. bestehe. Da das Kind einen rechtlichen Vater habe, habe Herr Kautzor auch kein Recht auf Feststellung seiner Vaterschaft durch einen Gentest. Das Oberlandesgericht wies seine Berufung im Dezember 2008 zurück. Auf eine Anhörungsrüge Herrn Kautzors bestätigte das Oberlandesgericht, dass er nach den maßgeblichen Bestimmungen des BGB in der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts auch nicht berechtigt sei, eine Abstammungsuntersuchung einzufordern, ohne dass seine rechtliche Vaterschaft festgestellt würde. Im Juni 2009 lehnte es das Bundesverfassungsgericht ab, die Verfassungsbeschwerde Herrn Kautzors zur Entscheidung anzunehmen.

Unter Berufung auf Artikel 8 für sich genommen und in Verbindung mit Artikel 14 rügten beide Beschwerdeführer die Entscheidungen der deutschen Gerichte, ihre Klagen zur Anfechtung der Vaterschaft zurückzuweisen, und machten geltend, dass sie im Verhältnis zur Mutter, zum rechtlichen Vater und zum Kind diskriminiert würden.

Die Beschwerde Herrn Ahrens' wurde am 18. August 2009 und die Beschwerde Herrn Kautzors am 30. April 2009 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt. Im Fall Ahrens erhielten Frau P. und Herr M., die rechtlichen Eltern der leiblichen Tochter des Beschwerdeführers, die Erlaubnis, als Drittpartei eine Stellungnahme einzureichen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

In beiden Fällen kam der Gerichtshof zu der Auffassung, dass die Entscheidungen der deutschen Gerichte, die Anträge der Beschwerdeführer auf Feststellung der rechtlichen Vaterschaft für ihr leibliches bzw. mutmaßlich leibliches Kind zurückzuweisen, einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 darstellten. Gleichzeitig befand der Gerichtshof, dass diese Entscheidungen keinen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne von Artikel 8 bedeuteten, da niemals eine enge persönliche Bindung zwischen den Beschwerdeführern und den Kindern bestanden hatte.

In einem anderen Fall, Anayo gegen Deutschland2, hatte der Gerichtshof eine Verletzung von Artikel 8 aufgrund der Weigerung der deutschen Gerichte festgestellt, einem Mann Umgang mit seinen leiblichen Kindern zu gewähren, da er nie eine sozial-familiäre Bindung zu ihnen gehabt habe. Die von Herrn Ahrens und Herrn Kautzor erhobenen Klagen hatten jedoch ein weitreichenderes Ziel: sie waren auf ihre vollständige Anerkennung als rechtlicher Vater des jeweiligen Kindes ausgerichtet und somit darauf, die Vaterschaft des existierenden rechtlichen Vaters anzufechten. Herr Kautzor rügte darüber hinaus die mangelnde Möglichkeit, seine mutmaßliche Vaterschaft festzustellen, ohne den rechtlichen Status des Kindes anzufechten.

Der Gerichtshof stellte fest, dass einer von ihm durchgeführten rechtsvergleichenden Untersuchung zufolge mutmaßliche biologische Väter in einer Mehrheit der Mitgliedstaaten des Europarats die Möglichkeit haben, die - durch Vaterschaftsanerkennung festgestellte - Vaterschaft eines anderen Mannes anzufechten, selbst wenn der rechtliche Vater in einer sozial-familiären Beziehung mit dem Kind lebt. In einer signifikanten Minderheit von neun Mitgliedstaaten hingegen hat der mutmaßliche biologische Vater keine Möglichkeit, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten. Folglich besteht kein gefestigter Konsens und die Mitgliedstaaten verfügen daher über einen weiten Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Festlegung des rechtlichen Status eines Kindes in einer entsprechenden Situation.

Zwar hatten die Beschwerdeführer Anspruch auf Schutz ihres Interesses an der Feststellung eines wesentlichen Gesichtspunktes ihres Privatlebens und an dessen rechtlicher Anerkennung. Die Entscheidungen der deutschen Gerichte hatten aber darauf abgezielt, dem Willen des Gesetzgebers zu entsprechen, einem bestehenden Familienverband zwischen dem betroffenen Kind und seinem rechtlichen Vater, der sich regelmäßig um das Kind kümmert, Vorrang einzuräumen gegenüber der Beziehung zwischen dem (angeblichen) leiblichen Vater und seinem Kind. Aus dem Urteil im Fall Anayo gegen Deutschland ließ sich ableiten, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 8 verpflichtet sind zu prüfen, ob es im Kindeswohlinteresse liegt, dem leiblichen Vater die Möglichkeit zu geben, eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen, etwa durch Gewährung des Umgangsrechts. Daraus folgt aber nicht notwendigerweise eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach der Konvention, biologischen Vätern die Möglichkeit einzuräumen, den Status des rechtlichen Vaters anzufechten.

Im Hinblick auf den Fall Kautzor stellte der Gerichtshof fest, dass keiner der 26 Mitgliedstaaten, die er in seiner rechtsvergleichenden Untersuchung berücksichtigt hatte, ein Verfahren vorsieht, um die biologische Vaterschaft festzustellen, ohne gleichzeitig die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten. Die Entscheidung, die Möglichkeit einer solchen separaten Prüfung vorzusehen oder nicht, fiel folglich auch in den Beurteilungsspielraum des Staates.

Der Gerichtshof zeigte sich darüber hinaus überzeugt, dass die deutschen Gerichte die jeweilige Situation in beiden Fällen sorgfältig geprüft hatten. Folglich lag in beiden Fällen keine Verletzung von Artikel 8 vor.

Der Gerichtshof stellte fest, dass der Hauptgrund für die Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer im Vergleich zur Mutter, zum rechtlichen Vater und zum Kind hinsichtlich der Möglichkeit, die Vaterschaft anzufechten - und im Fall Kautzor hinsichtlich der Möglichkeit, einen Gentest zu verlangen - in der Absicht lag, das jeweilige Kind und seine soziale Familie vor äußerer Beeinträchtigung zu schützen. In Erwägung seiner Schlussfolgerungen hinsichtlich Artikel 8 kam der Gerichtshof zu der Auffassung, dass die Entscheidung, einem bestehen Familienverband zwischen dem betroffenen Kind und seinen rechtlichen Eltern Vorrang einzuräumen gegenüber der Beziehung zu seinem biologischen Vater, soweit dessen rechtlicher Status betroffen war, in den Beurteilungsspielraum des Staates fiel. Folglich lag in beiden Fällen keine Verletzung von Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 14 vor.

Quelle: EGMR, Pressemitteilung vom 23.03.2012

 

In dem Verfahren - 1 BvR 1154/10 – hat das BVerfG am 4.12.2013 die Rechte der sozialen Väter gegenüber den leiblichen Vätern gestärkt und die Verfassungsbeschwerde eines leiblichen Vaters nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe:

1. Der Beschwerdeführer ist überzeugt, biologischer Vater einer Tochter zu sein, die in die Ehe der Kindesmutter mit einem anderen Mann hineingeboren wurde. Die außereheliche Beziehung der Kindesmutter zum Beschwerdeführer - deren Intensität im fachgerichtlichen Verfahren streitig blieb - endete, als das Kind vier Monate alt war. Seit das Kind elf Monate alt ist, lebt es mit der Kindesmutter, dem rechtlichen Vater und seinen minderjährigen Geschwistern in einem gemeinsamen Haushalt.

a) Eine Vaterschaftsanfechtungsklage des Beschwerdeführers blieb vor den Fachgerichten erfolglos. Die sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater stehe gemäß § 1600 Abs. 2 BGB einer Anfechtung entgegen.

b) Der Beschwerdeführer hält die Abweisung seiner Vaterschaftsanfechtungsklage für verfassungswidrig; sie verletze unter anderem Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Der Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich verpflichtet, dem biologischen Vater die rechtliche Elternstellung einzuräumen, es sei denn, nach einer Interessenabwägung im Einzelfall stünden ausnahmsweise gleichrangige Interessen anderer Beteiligter entgegen. Gefährde eine Anfechtung im konkreten Einzelfall weder das Kindeswohl noch den Familienfrieden, müsse sich der biologische Vater durchsetzen.

2. Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits festgestellt, dass es mit Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar ist, den mutmaßlichen biologischen Vater zum Schutz der rechtlich-sozialen Familie von der Vaterschaftsanfechtung auszuschließen, auch wenn der biologische Vater vorträgt, vor und in den Monaten nach der Geburt eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind aufgebaut zu haben und hat für diesen Fall lediglich aus Art. 6 Abs. 1 GG ein Umgangsrecht abgeleitet (BVerfGE 108, 82 <87 f., 90, 106, 109, 112 f.>). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte folgt nichts anderes. Der Gerichtshof hat insbesondere klargestellt, dass die Entscheidung darüber, ob dem biologischen Vater in dem Fall, dass die rechtliche Vaterschaft mit der Rolle als sozialer Vater übereinstimmt, die Anfechtung der Vaterschaft gestattet werden soll, innerhalb des Beurteilungsspielraums des Staats liegt (EGMR, Urteile vom 22. März 2012 - Beschwerde-Nr. 23.338/09, Kautzor/Deutschland - juris, Rn. 78 ff. und - Beschwerde-Nr. 45.071/09, Ahrends/Deutschland - juris, Rn. 74 ff.; Entscheidung vom 11. Dezember 2012 - Beschwerde-Nr. 11858/10, Koppikar/Deutschland).

Vor diesem Hintergrund wirft die Verfassungsbeschwerde keine klärungsbedürftige verfassungsrechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Auch hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen unter Heranziehung der genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seine Grundrechte verletzen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Heimliche Abstammungstests sind vor Gericht nutzlos

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Verwertung heimlich eingeholter Abstammungsgutachten nicht zulässig ist, da ein solches Gutachten das Recht des betroffenen Kindes auf informelle Selbstbestimmung verletzt. Ohne Zustimmung der Kindesmutter zu einem genetischen Abstammungsgutachten wäre damit die reine Feststellung der Vaterschaft faktisch unmöglich geworden.

Kann man ein Gutachten erzwingen?

Als Lösung für diese missliche Situation hat der Gesetzgeber 2008 ein Gesetz verabschiedet, mit dem dem gesetzlichen Kindesvater, ebenso wie dem Kind selbst und der Mutter, die reine Feststellung der Vaterschaft ermöglicht wird. Dadurch besteht ein Anspruch auf Durchführung eines Abstammungsgutachtens. Ergibt das Gutachten, dass der gesetzliche Vater nicht der biologische Vater des Kindes ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass seine Vaterschaft zu diesem Kind aufgehoben ist. Wenn ein solches Ergebnis erreichen werden soll, muss weiterhin ein Anfechtungsverfahren eingeleitet werden. Darauf kann aber auch verzichtet werden.

Wenn ein Kind während des Scheidungsverfahrens geboren wird - ist es dann ehelich?

Kuckuckskind: Mutter muss möglichen Vater benennen

Der BGH hat die Rechte von „Scheinvätern“ gestärkt. „Scheinväter“ sind nicht leiblich mit dem Kind verwandt, aber rechtlich verantwortlich, weil sie z.B. mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet sind. Wenn ihre fehlende leibliche Vaterschaft erst später auffällt, haben sie Unterhalt für ein „fremdes“ Kind geleistet und damit den biologischen Vater entlastet. Daraus entsteht ein Schadenersatzanspruch gegen den biologischen Vater.

Wurde die Vaterschaft erfolgreich angefochten und zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses, muss die Mutter den Namen des Mannes nennen, der für das Kind als Vater in Frage kommt.

Der Sachverhalt

Im Fall des BGH waren die Parteien nicht verheiratet, aber der Mann hatte das Kind als seines beim Jugendamt frewillig anerkannt, weil er der Mutter gegalubt hatte, er sei der biologische Vater. Da sich die Parteien inzwischen getrennt hatten, zahlte er an die Mutter insgesamt 4.575 € Kindes- und Betreuungsunterhalt.

Als sich später mit einem Vaterschaftstest herausstellte, dass er nicht biologischer Vater war, focht er die rechtliche Vaterschaft erfolgreich an. Dadurch gingen die Unterhaltsansprüche gegen den leiblichen Vater nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB in Höhe des geleisteten Unterhalts auf den Mann über. Er konnte dies aber faktisch nicht durchsetzen, weil ihm der leibliche Vater nicht bekannt war. Die Mutter kannte ihn.

 

Durch alle Instanzen bekam der Mann recht: Die Mutter muss ihm Auskunft geben.

 

Der Bundesgerichtshof hat auch die Revision der Mutter zurückgewiesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Ein solcher Anspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass auf der Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der andere Teil unschwer in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof als erfüllt angesehen. Dem Kläger ist nicht bekannt, gegen wen er seinen Anspruch auf Unterhaltsregress richten kann; die Beklagte kann ihm unschwer die Person benennen, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat und gegenwärtig sogar Kindesunterhalt leistet. Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Auskunftsparteien ergibt sich aus dem auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis.

Zwar berührt die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des Vaters ihres Kindes das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Dieser Schutz ist nach Art. 2 Abs. 1 GG aber seinerseits beschränkt durch die Rechte anderer. Ein unzulässiger Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt nicht vor, weil die Auskunftspflichtige bereits durch ihr früheres Verhalten Tatsachen ihres geschlechtlichen Verkehrs während der Empfängniszeit offenbart hatte, die sich als falsch herausgestellt haben. Damit hatte sie zugleich erklärt, dass nur der Kläger als Vater ihres Kindes in Betracht kam und diesen somit zum Vaterschaftsanerkenntnis veranlasst. In einem solchen Fall wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig nicht stärker als der ebenfalls geschützte Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. November 2011 - XII ZR 136/09

Vorinstanzen:
AG Rendsburg - 23 F 235/08 - Urteil vom 10. Dezember 2008
OLG Schleswig - 8 UF 16/09 - Urteil vom 23. Juni 2009 - FamRZ 2009, 1924
Quelle: BGH, PM Nr. 178/2011

Wenn die Auskunft unmöglich ist

Das OLG Frankfurt hat sich Gedanken über außerehelichen Sex gemacht: Es entspreche jedenfalls in durchschnittlichen bürgerlichen Verhältnissen der Regel, dass Frauen den Namen desjenigen, mit dem sie ungeschützt verkehren, kennen oder kennen könnten. Der BGH hat das bestätigt. Es ging darum, dass der geschiedene Ehemann der Mutter bei einem Kuraufenthalt gehörnt worden war und den Erzeuger des 1981 geborenen Kindes in Regress nehmen will. Dazu benötigt er den Namen von der Mutter. Die Richter glaubten der Mutter, dass sie den Namen nicht wisse. Gleichwohl verurteilten alle drei Instanzen die Mutter dazu, die Namen der Männer zu nennen, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt haben, weil sie keine Anstrengungen unternommen hatte, den Namen herauszufinden. Ggf. in der Zwangshaft wird die Mutter darüber nachdenken müssen, wie sie den Namen noch herausbekommen kann.

BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13

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Aktualisiert zuletzt am 2.1.2014



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