Aachener Kanzlei für Familienrecht
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Kindeswohl - das unbekannte Wesen

Subsidiarität staatlicher Eingriffe nach § 1666 BGB - elterliche Eigenverantwortung

Auflagen für Eltern sind nur bei konkreter Gefährdung des Kindeswohls zulässig

Das Amtsgericht hat einer Mutter aufgegeben, verbindliche Zeiten und Inhalte hinsichtlich der Nutzung von TV, Computer, Spielkonsole, Tablet für ihr Kind zu finden. Darüber hinaus sollte dem Kind bis zum 12. Geburtstag kein eigenes und frei zugängliches Smartphone mehr zur Verfügung gestellt werden. Zu Recht?

 

Der Fall:

Vater und Mutter stritten über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre 9 Jahre alte Tochter. Im Rahmen der Kindesanhörung ergab sich, dass das damals 8-jährige Mädchen freien Zugang zum Internet über Geräte der Mutter hatte und über ein eigenes Smartphone verfügte.

Das Amtsgericht hat der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen, aber ihr zugleich aufgegeben, „feste Regeln, insbesondere verbindliche Zeiten und Inhalte hinsichtlich der Nutzung von im Haushalt verfügbaren Medien (insbesondere TV, Computer, Spielkonsole, Tablet) für das Kind zu finden“, einzuführen, dem Gericht mitzuteilen und umzusetzen. Das Kind dürfe kein eigenes und frei zugängliches Smartphone haben. Die Auflage wurde bis zum 12. Geburtstag des Kindes befristet.

Gegen die Aufenthaltsbestimmung ging der Vater zum OLG. Der Verfahrensbeistand der Tochter sowie die Kindsmutter schlossen sich der Beschwerde an und begehrten die Aufhebung der Auflagen zur Mediennutzung.

 

Die Entscheidung des OLG Frankfurt:

Das OLG Frankfurt hat die Auflagen aufgehoben.

Zur Begründung verweist es zunächst auf die Voraussetzungen gerichtlicher Auflagen nach §§ 1666, 1666a BGB. Staatliche Maßnahmen tangierten immer auch die Grundrechte der Eltern, so dass verfassungsrechtlich hohe Anforderungen an einen Eingriff in die elterliche Personensorge zu stellen seien.

Maßnahmen dürften, so das OLG, nur getroffen werden, „wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird“. Es müsse positiv festgestellt werden, „dass bei weiterer Entwicklung der vorliegenden Umstände der Eintritt eines Schadensnachteil des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist, die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts rechtfertigt eine eingreifende Maßnahme nicht“.

 

Es sei nicht Aufgabe des Staates, „die im Interesse des Kindeswohls objektiv beste Art der Sorgerechtsausübung - soweit eine solche überhaupt festgestellt werden kann – sicherzustellen“, grenzt das OLG ab.

 

Die Anordnungen zur Mediennutzung und der Nutzung eines Smartphones griffen hier unberechtigt in die grundrechtlich geschützten Elternrechte der Kindesmutter ein. Eine konkrete Gefährdung des Kindes durch die Mediennutzung sei nicht festgestellt worden. "Allgemeine Risiken der Nutzung smarter Technologien und Medien durch Minderjährige begründeten nicht per se eine hinreichend konkrete Kindeswohlgefährdung." 

 

Medien- und Internetkonsum durch Kinder und Jugendliche berge zwar Gefahren, denen Eltern geeignet begegnen müssten. Dies betreffe "sowohl die zeitliche Begrenzung... als auch die inhaltliche Kontrolle". Der Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten über YouTube könne schädliche Wirkungen haben, gleiches gelte hinsichtlich für die aktuelle Altersgruppe nicht freigegebener Spiele mit "verstörenden, schädigenden Inhalten" oder die Verwendung von WhatsApp, bei denen die Kinder oder Jugendlichen als Sender und Empfänger "gewünschter oder unerwünschter Nachrichten betroffen sein" könnten.

 

Äußerst fraglich sei jedoch, ob generell eine Schädlichkeit angenommen werden könne, wenn Kindern die Möglichkeit eröffnet werde, Medien in dieser Weise zu nutzen. Die Schädigungsformen seien vielmehr mit anderen Gefahren etwa durch ausgedehnte Fernsehzeiten oder auch eine ausschließliche Ernährung von Junkfood vergleichbar. Zusammenfassend stellt das OLG deshalb fest: "Allein der Besitz eines Smartphones, Tabletts, Computers oder Fernsehers mit oder ohne Internetzugang rechtfertigt ... nicht die Annahme, dass Eltern durch die Eröffnung eines Zugangs ihr Kind schädigen. Dazu müssen im konkreten Einzelfall Anhaltspunkte hinzutreten, aus denen sich die konkrete Gefahr einer Schädigung ergeben."

 

Die Nutzung digitaler Medien müsse zum Schutz von Minderjährigen gegebenenfalls pädagogisch begleitet werden. Hierbei ergäben sich jedoch individuelle Spielräume, die - solange keine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliege - innerhalb der jeweiligen Familien eigenverantwortlich festgelegt werden können. Es gelte insoweit auch für die Familiengerichte der Grundsatz der Subsidiarität staatlichen Eingreifens.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.06.2018 - 2 UF 41/18

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OLG Hamm: Sachverständigengutachten bei Kindeswohlprüfung

Das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens ist hinsichtlich der einzelnen Schlussfolgerungen zu bewerten, ob konkrete (unstreitige) Belegtatsachen vorliegen.
Ein konstanter Wille des Kindes ist beachtlich, wenn die
Überwindung des Willens seinerseits eine Kindeswohlgefährdung darstellen würde. Sollten das Elternrecht und das Recht des Kindes auf "Schutz vor den Eltern" im konkreten Fall unversöhnlich aufeinander treffen, setzt sich der Schutz des Kindes vor seinen Eltern in der verfassungsgerichtlichen Prüfung durch.

OLG Hamm 4 UF 186/15, Beschluss vom 6.6.2016

 

BGH: zur Anhörung von Kindern

Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung kann auf die Anhörung von Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, grundsätzlich nicht verzichtet werden.
BGH XII ZB 419/15, Beschluss vom 15.6.2016

 

Wegweiser für getrennte Eltern

Es gibt eine sehr gute Broschüre "Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Scheidung". Sie enthält neben vielen rechtlichen und praktischen Informationen auch ein Muster für einen Elternvertrag und ist in 2015 in 12. Auflage neu erschieden.

 

Sie können sich die Datei mit der Vorauflage hier herunterladen oder die aktuelle Auflage als Broschüre bestellen.

 

Der Wegweiser ist als Einzelexemplar für 3,00 Euro, ab zehn Exemplaren für je 2,50 Euro, ab 100 Exemplaren für je 2,00 Euro (jeweils zzgl. Versandkosten) erhältlich bei:

Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
Tel.: 030 - 21 48 09 24
E-Mail: bestellung@dksb.de

Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft e.V.
Tel.: 030 - 28 59 99 70
Fax: 030 - 28 59 99 71
E-Mail: post@liga-kind.de

Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V.
Tel.: 030 - 69 59 78 6
Fax: 030 - 69 59 78 77
E-Mail: kontakt@vamv.de

Umgang nach Trennung und Scheidung
Das Bundesfamilienministerium hat zusammen mit dem VAMV, dem Kinderschutzbund und der Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft die tolle Broschüre "Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Scheidung" 2015 neu aufgelegt. Dies ist die vergriffene Vorauflage als PDF.
Wegweiser-Trennung-Scheidung 2015.pdf
PDF-Dokument [1.4 MB]

Im Zusammenhang mit Trennung/Scheidung ist immer wieder von den Scheidungsfolgen für die Kinder die Rede. Das legt den Schluss nahe, Scheidung sei etwas Negatives - etwas, was im Interesse des Kindes vermieden werden sollte. Es ist aber nicht die mit dem Trennungsentschluss verbundene Tatsache, dass die Eltern künftig in getrennten Haushalten leben, die solche Folgeschäden verursacht - sondern viel mehr die Art und Weise, wie mit der Situation umgegangen wird.

Der Arbeitskreis Trennung / Scheidung Aachen setzt sich zusammen aus Beratungsinstitutionen, Anwältinnen und Anwälten, psychologischen Sachverständigen, Richterinnen und Richtern, Jugendämtern und dem Gleichstellungsbüro der Stadt Aachen. Wir arbeiten seit fast 20 Jahren zusammen, um alle an einem Trennungs- bzw. Scheidungsprozess Beteiligten miteinander zu vernetzen, uns auszutauschen, gegenseitig zu unterrichten und so den gesamten Ablauf für die beteiligten Eltern und Kinder schneller und möglichst friedlich zu gestalten. Weiterhin geben wir - natürlich regelmäßig aktualisiert - den Beratungsführer Trennung / Scheidung für die gesamte Städteregion heraus, veranstalten immer wieder Tagungen zu aktuellen Themen und führen 8 - 10 mal im Jahr Infoveranstaltungen für Betroffene durch.

Beratungsstellen in der Städteregion Aachen
Wo Sie bei Trennung - Scheidung - Mediation - Erziehungsfragen Rat und Hilfe finden.
Zusammengestellt vom Arbeitskreis Trennung - Scheidung, Auflage 2017
Beratungsfuehrer_Trennung_Scheidung_2017[...]
PDF-Dokument [1.8 MB]

Wie sag ich es meinem Kind?

Wenn Sie Rat suchen, wie Sie Ihr Kind oder Ihre Kinder am besten mit der Neuigkeit konfrontieren, dass die Eltern sich trennen, habe ich Ihnen dazu hier ein paar Tipps zusammengestellt.

Hilfe, mein Kind wird im Gericht angehört!

Informationen darüber, was die Anhörung bedeutet, wie sie abläuft und wie Sie Ihr Kind vorbereiten können, finden Sie hier.

Veröffentlichungen im Internet zum Kindeswohl bei Trennung / Scheidung

Das Kindeswohl unterliegt keiner statischen Definition. Es ist keine Grösse, die sich objektiv und abschliessend festsetzen lässt, sondern es lässt sich nur in individuellen bzw. situationsspezifischen Arrangements auf Zeit bestimmen.


Im Folgenden habe ich Ihnen eine subjektive Auswahl von Veröffentlichungen zum Thema „Kindeswohl bei Trennung und Scheidung" zusammengestellt, die im Internet zum Thema zu finden sind, natürlich ganz ohne Anspruch auf Vollständigkeit aller relevanten Gesichtspunkte und ohne Haftung für die Inhalte fremder Seiten.

Wenn die Links inzwischen ins Leere führen, kann ich auch nicht helfen.

 

VAMV-Broschüre "Kindeswohl - Wohl wollen reicht nicht", Neue Perspektiven aus Forschung und Praxis, 2008


Referat der Psychologin und Sachverständigen Katharina Behrend, Hauptrednerin auf der achten "Landeskonferenz Trennung und Scheidung" in Cochem 2008, „Kindeswohl - was ist das?"

 

Dissertation von Katharina Behrend, 2009: „Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern aus psychologischer Sicht."

 

Forschung über Langzeitfolgen von hoch konflikthaften Trennungen für Kinder von Dipl.-Psychologin Ursula Kodjoe, veröffentlicht vom Arbeitskreis "Cochemer Modell"

 

„Zwischen Baum und Borke - Loyalitätskonflikte von Kindern im Trennungs- und Scheidungsprozeß" von Inés Brock, Leiterin der Erziehungsberatungsstelle im IRIS-Regenbogenzentrum Halle, appr. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin

 

Rainer Balloff:  Kindeswille, Grundbedürfnisse des Kindes und Kindeswohl in
Umgangsrechtsfragen

 

Alles über den Anspruch auf unkomplizierte Hilfe durch kostenlose Erziehungsberatung finden Sie in einem pdf-Dokument der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung

Buchtipp Die Patchwork-Lüge: Eine Streitschrift

Melanie Mühl sieht in Patchwork-Familien das Resultat einer weit verbreiteten Lebenshaltung, die Festlegungen scheut. Ein unzeitgemäßes Buch, das eine längst fällige Debatte auslösen wird.

 

Auszüge:

 

Von den zahlreichen Scheidungsmythen, an die wir glauben, um uns unseren Kindern gegenüber weniger schuldig zu fühlen, lautet einer, dass glückliche Eltern glückliche Kinder haben. Sind die Eltern unglücklich in ihrer Beziehung, ist eine Scheidung folglich im Interesse des Kindeswohls. Tatsächlich ist Kindern ziemlich egal, wie sehr die Eltern einander lieben und begehren , (...) ihnen ist es am wichtigsten, dass alles so bleibt, wie es ist, dass beide für sie da sind, gemeinsam.

 

„Die seelische Belastung für die Kinder ist dabei (bei der Scheidung})manchmal größer, als wenn der Vater oder die Mutter stirbt," sagt Tobias Banaschewski. Das klingt unvorstellbar. Und es klingt unerhört. Aber es leuchtet ein. Im Todesfall bleiben das positive Vater- oder Mutterbild und die Liebensbeziehung der Eltern zueinander bestehen. Dem Kind stellt sich nicht die fundamentale Frage: „Bin ich schuld?“

 

Fragt man Scheidungskinder, welches Fest sie am meisten fürchten, antworten sie "Weihnachten". Weihnachten stürzt sie jedesmal in dieselben Konflikte. Sie kennen zwei Weihnachten, das vor der Scheidung und das danach.

Wann gelten Kinder als vernachlässigt?

In Fällen, in denen das Jugendamt das Kindeswohl prüft, weil den Eltern "Erziehungsversagen" nachgesagt wird, hilft mir ein Blick in das Handbuch des Allgemeinen Sozialdienstes, das Sie hier als PDF-Dokument (Achtung, groß!) finden. Dort wird der Versuch unternommen, aus fachlicher Sicht Begriffe wie Vernachlässigung zu konkretisieren.

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